Persönliches Absturzschutzsystem
Synonyme:
Persönliche Absturzsicherung, Persönliche Absturzschutzausrüstung, Persönlicher Schutzausrüstungen gegen Absturz, PSA gegen Absturz, PSAgA, Fallschutz, Steigschutz, Höhensicherung, Planung und Benutzung von PSA gegen Absturz, Klettersystem, Tragsystem, Absturzsicherungssystem, Kletterausrüstung
Gliederung
Definition
Einleitung
Normative Anforderungen
Technischer Lösungsansatz
Organisatorischer Lösungsansatz
Definition
Das Persönliches Absturzschutzsystem (PASS) ist eine personenbezogene Maßnahme zur Absturzsicherung für Personen und findet bei freiwillig, bewusst und geplanter Begehungen von Bereichen mit Absturzgefährdung bei diversen Tätigkeiten und Notfallprozeduren eine Anwendung.
Einleitung
Ziel des Einsatzes Persönlicher Absturzschutzsysteme ist die Abwendung oder Minimierung einer Gefährdung durch Absturz bei der Bewegung an Absturzkanten oder durch einen Sturzraum, wenn die Absturzgefährdung, weder durch kollektiv schützende technische Absturzsicherung erreicht, noch durch organisatorische Schutzmaßnahmen hinreichend sichergestellt werden kann oder soll. Die Anwendung durch Personen muss ausserhalb des rein privaten Gebrauchs auf eigenem Grundstück immer systematisch über eine Risiko- bzw. Gefährdungsbeurteilung plausibilisiert und dokumentiert werden. In Arbeitssystemen einschließlich Trainingsumgebungen ist diese Vorgehensweise gem. BetrSichV § 3 in jedem Fall angemessen zu berücksichtigen.
Quellen: vgl. PSA-BV § 1, DGUV V 1 §31, DGUV R 112-198, DGUV R 112-199, DGUV I 212-001, VSG 4.2 Anhang 1
Normative Anforderungen
Persönliche Absturzschutzsysteme müssen relativ hohen Anforderungen entsprechen, da sie gegen Lebensgefahr schützen sollen. So ist neben sachgerechter Herstellung und Inbetriebnahme (vgl. / vgl.), Auswahl und Zusammenstellung (vgl. / vgl.), Unterweisung und Anwendung (vgl. / vgl.) auch die regelmäßige Prüfung (vgl. / vgl.) dieser Ausrüstungen erforderlich.
Auswahl, Errichtung und Inbetriebnahme
Ein verantwortlicher Betreiber hat Persönliche Absturzschutzsysteme entsprechend den Einsatzbedingungen, den betrieblichen Verhältnissen, den geplanten Anwendungen und in Einschätzung notwendiger Benutzungskompetenz fachkundig auszuwählen. Die zusätzliche Beratung durch erfahrene Anwender und Prüfer für Persönliche Absturzschutzausrüstung kann Hilfestellung leisten, den Reifegrad erhöhen und eine nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten bessere Entscheidungsgrundlage liefern.
- Für die planmäßige Benutzung von Persönlichen Absturzschutzsystemen hat der Betreiber eine Betriebsanweisung zu erstellen, die alle für den sicheren Einsatz erforderlichen Angaben für das Verhalten während der Benutzung regelt.
- zur Benutzung freigegebene Anschlagmöglichkeiten sind vorher zu bewerten, im Zweifel statische Nachweise einzuholen
- die Nebenbedingungen des Herstellers verbauter Anschlageinrichtung (Montage/Anwendung/Prüfung) sind einzuhalten
- Überwachung, Pflege und Wartung der freigegebenen Anschlagmöglichkeiten und Anschlageinrichtungen und sinnvolle Maßnahmen zur Verhinderung einer Zweckentfremdung sind zu berücksichtigen
- Spätestens mit Übergabe auf einen Benutzer ist die Inbetriebnahme der mobilen PSA gegen Absturz zu dokumentieren und der Tag der nächsten Hauptprüfung festzulegen.
- Wesentliche Inhalte aus Bedienungsanleitungen und Herstellerhinweise der Systemkomponenten sind den Anwendern zugänglich zu machen.
Quellen: vgl. PSA-BV § 2, TRBS 2121, DGUV R 112-198, und siehe Herstellerhinweise Systembestandteile
Bereitstellung und Prüfung
Hauptprüfung durch Sachkundige / Befähigte Person
Der Arbeitgeber hat Arbeitsmittel, deren Sicherheit von den Montagebedingungen abhängt, vor der erstmaligen Verwendung von einer zur Prüfung befähigten Person prüfen zu lassen.
Quellen: BetrSichV § 14 (1)
Zur Prüfung befähigte Person ist eine Person, die durch ihre Berufsausbildung, ihre Berufserfahrung und ihre zeitnahe berufliche Tätigkeit über die erforderlichen Kenntnisse zur Prüfung von Arbeitsmitteln verfügt; soweit hinsichtlich der Prüfung von Arbeitsmitteln in den Anhängen BetrSichV Anhang 2 und BetrSichV Anhang 3 weitergehende Anforderungen festgelegt sind, sind diese zu erfüllen.
Quellen: BetrSichV § 2 (6)
Persönliche Absturzschutzausrüstungen sind entsprechend der Einsatzbedingungen und den betrieblichen Verhältnissen nach Bedarf, mindestens jedoch innerhalb von 12 Monaten auf ihren einwandfreien Zustand durch eine sachkundige Person zu prüfen.
Quellen: vgl. DGUV R 112-198 (8.2.2)
Ausserordentliche Prüfungen
Während der Lagerung und Benutzung bei und durch den Anwender bzw. Bediener können besondere Umstände eintreten, welche eine außerplanmäßige Prüfung durch eine Befähigte Person erforderlich machen.
Quellen: vgl. diverse Bedienungsanleitungen von Modellen der Ordnung
Operative Prüfung und LMRA durch den Anwender
"Die Versicherten haben persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz vor jeder Benutzung durch Sichtprüfung auf ihren ordnungsgemäßen Zustand und auf einwandfreies Funktionieren zu prüfen."
Quellen: DGUV R 112-198; 8.2.1
Die Kenntnis über die Durchführung von Sicht- und Funktionsprüfungen an Persönlichen Absturzschutzeinrichtung nach DIN EN 363 stellen daher auch wichtigen Lehrinhalte der Unterweisung eines Anwenders dar.
Training und Anwendung (Benutzung / Bedienung)
Der Betreiber hat die Benutzer:
- vor der ersten Benutzung und
- nach Bedarf, mindestens jedoch
- einmal jährlich zu unterweisen.
Die Unterweisung muss der aktuellen Gefährdungssituation gem. Gefährdungsbeurteilung angepasst sein. Die Übungen sind unter vergleichbaren Arbeits- und Einsatzbedingungen durchzuführen. Der Umfang der Übungen ist abhängig vom Ausbildungsstand der Beschäftigten und der eingesetzten Persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz.
Hilfestellung bei der Erarbeitung und Bestimmung des notwendigen Ausbildungsumfangs und Ausbildungsqualität kann dem DGUV G 312-001 entnommen werden. Unter Anwendung des Grundsatzes kann auch bezüglich des potentiellen Ausbilders ein Anforderungskatalog, hinsichtlich der fachlichen und pädagogischen Eignung und Kompetenzen abgeleitet werden.
Quellen: vgl. DGUV V 1 §4, PSA-BV § 3, TRBS 2121, DGUV R 112-198 und siehe Herstellerhinweise
Technischer Lösungsansatz
Jedes Persönliche Absturzschutzsystem setzt die Verfügbarkeit einer statisch ausreichend dimensionierten Anschlagmöglichkeit voraus. Im Kontext zukünftiger Verwendung kann die Sicherheit und Ergonomie einer Anschlagmöglichkeit durch Installation festverbundenen Anschlageinrichtungen verbessert werden.
Die Verbindung von der Person mit einer geeigneten Anschlagmöglichkeit wird dann über mobile Systemkomponenten, den Persönlichen Absturzschutzausrüstungen vorab sachkundig ausgewählt und anschließend fachkundig durch den Anwender zusammengestellt.
Je nach Auswahl und "Zusammenstellung der verwendeten Einzelkomponenten" verhindert ein Persönliches Absturzschutzsystem in "Arbeitssystemen" und "Trainingsumgebungen" den Absturz:
- bereits vor dem Übertritt einer Absturzkante durch zurückhalten,
- oder öffnet in Ausprägung als planmäßig belastetes System den Zugang in und durch einen Sturzraum.
- oder erlaubt in Zusammenstellung den nichtplanmäßigen Übertritt über eine Absturzkante oder auch das Versagen eines planmäßig belasteten Systems durch systematisches Auffangen (vgl. Fangstoß) innerhalb zulässiger Verträglichkeitsgrenzen,
- erlaubt angewendet durch einen Rettter, ein sicheres verlassen eines Bereichs mit Absturzgefährdung bzw. Sturzraum für den Verunfallten
Quellen: vgl. TRBS 2121, TRBS 2121 Teil 3
Übersicht der Einzel- und Bestandteile
Ein Persönliches Absturzschutzsystem besteht aus Einzelkomponenten, welche wahlweise untrennbar, nur mittels Werkzeug trennbar oder als leicht trennbare (werkzeugfrei) dem System zugeführt werden. Nachfolgende Tabellen liefern einen Überblick über die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten. Ein System besteht dabei immer aus mindestens einer:
Einzel- und Bestandteile (Familien) | Konformitätsvermutung |
---|---|
Körperhaltevorrichtungen und Anseilgurte | DIN EN 358, DIN EN 361, DIN EN 813, DIN EN 1497, DIN EN 1498, DIN EN 12277, DIN 14927 oder/und UIAA 105 |
, welche über ein Befestigungssystem bestehend aus:
Einzel- und Bestandteile (Familien) | Konformitätsvermutung |
---|---|
Verbindungselemente und Karabiner | DIN EN 362, DIN EN 12275 oder/und UIAA 121, UIAA 130 |
Schlingen und Verbindungsmittel und Falldämpfer | DIN EN 354, DIN EN 355, DIN EN 358, DIN EN 565, DIN EN 566, DIN EN 958, UIAA 103, UIAA 104, UIAA 109 oder/und UIAA 128 |
Auffang- und Höhensicherungsgeräte | DIN EN 353-1, DIN EN 353-2, DIN EN 360, DIN EN 12841 A oder/und |
Anschlageinrichtungen (mobil) | DIN EN 795 (B,E), DIN EN 12270, DIN EN 12276 oder/und UIAA 124, UIAA 125, UIAA 154, UIAA 155 |
Seile, Spleiße und Führungen | DIN EN 564, DIN EN 892, DIN EN 1891 oder/und UIAA 101, UIAA 102, UIAA 107 |
Klemmen | DIN EN 567, DIN EN 12841 B, DIN 19428 oder/und UIAA 126 |
Einstellvorrichtungen, Brems- und Abseilgeräte | DIN EN 341, DIN EN 1496, DIN EN 12841 C, DIN EN 15151-1, DIN EN 15151-2 oder/und UIAA 129 |
Rollen | DIN EN 12278 oder/und UIAA 127 |
für einen definierten Einsatzzweck mit einem statisch ausreichend belastbaren Untergrund (z.B. Baulichen Einrichtung, Konstruktion, Arbeitsmittel, "Natur") z.B.:
Einzel- und Bestandteile (Familien) | Konformitätsvermutung |
---|---|
Anschlageinrichtungen | DIN EN 959, DIN EN 795 (A,C,D), DIN CEN/TS 16415 |
Sicherheitsdachhaken | DIN EN 17235 - Entwurf |
Steigschutzanlagen inkl. Führungen | DIN EN 353-1, DIN EN 353-2 |
Ortsfeste Leitern und Zugänge | DIN 28017, DIN EN ISO 14122, DGUV I 208-032, DIN EN 14396, DIN 19572 |
Arbeitskorb / Hubarbeitsbühne | DIN EN 19427, FBHL-002, DGUV Information 208-019 |
Krananlage | FBHM-100 |
Baum | VSG 4.2 (ff.) |
Sport- und Freizeitanlagen | DIN EN 15567, DGUV I 202-072 |
Fels | DIN EN 569, UIAA 122, UIAA 123 |
vervollständigt wird.
nach DIN EN 363
Die DIN EN 363 regelt in Europa die technische Zusammenstellung der Persönliches Absturzschutzsystem als individuelle Lösung zur Absturzsicherung bei Absturzgefährdung. Die Einzelkomponenten werden trennbar oder untrennbare so zusammengestellt, dass der Übertritt des Benutzer über eine Absturzkante entweder generell verhindert oder mit hinreichend angemessener Verträglichkeit für den Stürzenden beendet werden kann.
- Merkmale des Arbeitsplatzes (z. B. Neigung des Arbeitsplatzes, Lage, Position und Belastbarkeit der Anschlageinrichtung)
- Merkmale und Anforderungen an den Benutzers, für den es bestimmt ist (z. B. Größe, Gewicht, Medizinische Eignung, Befähigung)
- Berücksichtigung aller verschiedenen Phasen der Verwendung (z. B. Zugang, Arbeit, technische und medizinische Rettung);
- ergonomische Überlegungen, z. B. Auswahl des richtigen Gurtes mit zugelassenen Befestigungsösen
- Sammlung der vorliegenden Informationen für alle Einzelkomponenten zur Sicherstellung eines bestimmungsgemäßen Gebrauchs
- Konformität der Einzelkomponenten zueinander
- Betrachtung der Wechselwirkungen für den vorgesehenen Einsatz im System
- Ableitung der notwendigen Benutzerkompetenz und Helmpflicht
- Festlegung von Prüfzyklen und Ablegereifen
- Vervollständigung der Gefährdungsbeurteilung
Die Planung, Auswahl, Errichtung, Inbetriebnahme und Prüfung eines Persönlichen Absturzschutzsystem muss sachkundig erfolgen. Entsprechender Nachweis ist zu erbringen. Hilfestellung kann ein Lehrgang nach DGUV G 312-906 bieten, welcher die Lesekompetenz von Bedienungsanleitungen nach DIN EN 365 verbessert und über strukturierte Inhalte (Teilbereiche) die Erlangung einer individuell relevanten Wissensvermittlung fördert.
- zur Auswahl, Beurteilung und Prüfung von werkzeugfrei entnehmbaren Einzel- und Bestandteile des Systems (PSA gegen Absturz)
als auch auf die - zur Auswahl, Beurteilung und Prüfung von statisch erprobungsfähigen und kraftschlüssig für einen bestimmten Untergrund vorbereiteten Installationen (Anschlagmöglichkeiten)
System | DIN EN 363 | Glossar (S24-R) |
---|---|---|
Rückhaltesystem | DIN EN 363 -RHS | Rückhaltesystem (RHS) |
Arbeitsplatzpositionierungssystem | Abs. 4.2.2 | Arbeitsplatzpositionierungssystem |
System für seilunterstützten Zugang | Abs. 4.2.3 | Tragsystem / Sicherungssystem |
Auffangsystem | Abs 4.2.4 | Auffangsystem |
Rettungssystem | Abs 4.2.5 | Rettungssystem |
*Quellen: vgl. DIN EN 363,
Organisatorischer Lösungsansatz
Der organisatorische Anspruch bei planmäßig in Arbeitssystemen oder Trainingsumgebungen von Beschäftigten eingesetzten Persönlichen Absturzschutzsystemen ist nachvollziehbar in den DGUV Grundsätzen 312-906 und 312-001 geregelt. Beide Grundsätze leiten in die Notwendigkeit einer Betrachtung nach Teilbereichen bzw. nach Einsatzgebieten über. Die Struktur erlaubt differenzierte Betrachtung und verbessert die Flexibilität zur Individualisierung eines geeigneten Stand der Technik.
nach DGUV G 312-906
aktuell keine umfassende Struktur für alle denkbaren Anwendungsbereiche evaluierbar daher ein Entwurf inkl. kursive Ergänzungen der S24-R um selbst im Verständnis eine Struktur zu bekommen
- Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz (PSAgA)
- Ausrüstungen zum Retten aus Höhen und Tiefen (RA)
- Ausrüstungen für die Seilzugangs- und Positionierungstechnik (SZP)
- Ausrüstungen für die Seilklettertechnik (SKT)
- private Nutzung
- Ausrüstungen für betreute Sport- und Freizeitanlagen und -aktivitäten
- Bergsteigerausrüstung
- Künstliche Kletteranlagen
- Seilgärten (SFA-S)
- Seiltechniken in der Erlebnispädagogik (STEP)
- Ausrüstung für Höheninterventionstechnik (HIT)
- Gerätesätze des Technischen Hilfswerks
- AGBF - Gerätesätze im Feuerwehrdienst
- AGBF - Spezielle Rettung aus Höhen und Tiefen (SRHT)
- Ausrüstung für Bergrettungstechniken
- Gerätesätze Sommer
- Gerätesätze Winter
- Ausrüstung für die Wasser- und Strömungsrettung
- Gerätesätze (DLRG)
Quellen: vgl. DGUV G 312-906