Normenverzeichnis » Norm: FISAT FSR-SZP 15.3

Hinweise der Redaktion

Beschreibung

Inhaltsverzeichnis

1. Anwendungsbereich
2. Begriffsbestimmungen
2.1 Anwenderinnen und Anwender
2.2 Verfahren und Techniken
2.3 Verwendete Materialien und Geräte
3. Allgemeine Anforderungen
3.1 Voraussetzungen für Anwenderinnen und Anwender
3.2 Voraussetzungen für Arbeitsorte
3.3 Voraussetzungen für den Betrieb einer Baustelle
4. Nachweisführung
4.1 Nachweisführung für Material und Geräte
4.2 Persönliche Nachweise
4.3 Baustellenbuch
5. Verfahren
5.1 Allgemeine Bestimmung
5.2 Bestimmungen für die Rettung
6. Anwendung
6.1 Arbeitsvorbereitung
6.2 Gefährdungsbeurteilung und Risikoabschätzung
6.3 Auswahl und Befähigung des eingesetzten Personals
6.4 Abgesperrte Bereiche
7. Prüfungen
7.1 Prüfung des Materials
7.2 Ablagekriterien
7.3 Prüfungen der Anwender/-innen und Aufsichtführenden
8. Anhänge
8.1 Rechtsgrundlagen und normative Verweisungen
8.2 Lastannahmen und Lastfälle
8.3 Tabellen


1. Anwendungsbereich

Diese Richtlinie gilt für Seilzugangs- und Positionierungstechniken (SZP) jeglicher Art, unabhängig davon, ob die Arbeiten durch Arbeitnehmer, Angestellte, Soloselbständige oder freiberuflich tätige Personen durchgeführt werden.

Anwendungsbereiche dieser Richtlinie sind seilunterstützte Zugangs- und Positionierungsverfahren mit redundanten Systemen und alle damit vergleichbaren Tätigkeiten.

Diese Richtlinie findet keine Anwendung für:

a) Seilunterstützte Baumarbeiten / Seilklettertechnik in der Baumpflege (SKT)
b) Seiltechnik in der Erlebnispädagogik (inklusive Adventure Parks und Rope Courses) mit Ausnahme der Bau- und Errichtertätigkeit
c) Höhenrettung (Spezielle Rettung aus Höhen und Tiefen) nach Vorgabe der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren
d) Canyoning
e) Verwendung von Seiltechnik im Sportbereich mit Ausnahme von gewerblichen Bau- und Errichtertätigkeiten
f) Privatrechtlichem Befahren von Höhlen
g) Verwendung von persönlicher Schutzausrüstung gegen Absturz und den zugehörigen Rettungsmaßnahmen
h) Freizeitveranstaltungen (Houserunning, Mega-Dive usw.)

Redundante Seilzugangs- und Positionierungstechniken im Sinne dieser Sicherheits- und Arbeitsrichtlinie sind ein

  • anerkanntes Arbeitsmittel
  • auf Grundlage der EU Richtlinie 2009/104/EG,
  • national umgesetzt in der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV),
  • konkretisiert in den Technischen Regeln für Betriebssicherheit (TRBS).

Diese Sicherheitsrichtlinie dient der Umsetzung der Rahmenrichtlinie 89/391/EWG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit.

Diese Sicherheits- und Arbeitsrichtlinie ist ebenfalls an die international geltenden Vorgaben der ISO 22846-1 und ISO 22846-2 (Personal equipment for protection against falls – Rope access systems) angelehnt.

Insbesondere werden die Einzelrichtlinien 89/654/EWG, 89/655/EWG und 89/656/EWG im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 (der Richtlinie 89/391/EWG) und deren Ergänzungen und Änderungen berücksichtigt. Gemäß der allgemeinen Forderung nach dem aktuellen Stand der Technik findet hier insbesondere die DIN EN 12841 (Seileinstellvorrichtungen) entsprechende Berücksichtigung.

Seitens der national gültigen Vorgaben für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit integriert diese Richtlinie

Diese Richtlinie findet Anwendung auf alle Personen, die in Höhen und Tiefen Arbeiten unter Verwendung von seilunterstützten Zugangs- und Positionierungsverfahren ausführen und Rettungsmaßnahmen bei diesen Arbeiten gewährleisten müssen.

Seilzugangs- und Positionierungstechniken kommen zum Einsatz, wenn die Gefährdungsbeurteilung ergibt, dass die Verfahren sicher eingesetzt werden können, andere Verfahren eine höhere Gefährdung für die ausführenden Personen mit sich bringen oder einen unverhältnismäßigen Aufwand verursachen würden.

Grundlage für den Einsatz seilunterstützter Zugangs- und Positionierungstechniken ist eine spezifische Gefährdungsbeurteilung. Alle identifizierten Gefährdungen müssen durch geeignete Maßnahmen auf ein vertretbares Restrisiko reduziert werden. Dabei muss die sofortige Rettung und Evakuierung der Anwender im Notfall gewährleistet sein.

Primäres Schutzziel dieser Sicherheits- und Arbeitsrichtlinie für die Anwendung von seilunterstützen Zugangs- und Positionierungstechniken ist das Verhindern von Abstürzen der Anwender sowie die Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz für Arbeitnehmer und Selbständige.

Die in dieser Richtlinie enthaltenen technischen Lösungen schließen andere, mindestens ebenso sichere Lösungen, die auch in technischen Regeln anderer EU-Mitgliedstaaten ihren Niederschlag gefunden haben können nicht aus.

2. Begriffsbestimmungen

2.1 Anwenderinnen und Anwender

Höhenarbeiter / -innen im Sinne dieser Richtlinie sind geschulte und zertifizierte Anwender/-innen von Seilzugangs- und Positionierungstechniken, die unter Zuhilfenahme dieser Techniken Arbeiten durchführen. Folgende Qualifikationen
werden ausgebildet:

2.1.1 Level 1 Höhenarbeiter/-innen
sind Anwender/-innen mit Grundkenntnissen und ausgebildet in vertikalen Zugangsverfahren sowie Arbeitsplatzpositionierung.

2.1.2 Level 2 Höhenarbeiter/-innen
sind Anwender/-innen mit erweiterten Kenntnissen, ausgebildet in vertikalen und horizontalen Zugangsverfahren sowie Arbeitsplatzpositionierung. Die Kenntnisse und Fertigkeiten Level 2 bauen auf den Grundkenntnissen aus Level 1 auf.

2.1.3 Level 3 Aufsichtführende Höhenarbeiter/-innen
sind Anwender/-innen, die für die arbeitssichere Durchführung auf einer Höhenbaustelle verantwortlich sind. Sie sind ausgebildet in erweiterten vertikalen, horizontalen und diagonalen Zugangs- und Positionierungsverfahren. Die Kenntnisse und Fertigkeiten Level 3 bauen auf den Grundkenntnissen aus Level 1 und den erweiterten Kenntnissen aus Level 2 auf.

2.1.4 In den einzelnen Ausbildungsstufen Level 1 bis 3 erlernen die Anwender / -innen neben den jeweiligen Zugangsverfahren auch die Maßnahmen für eine spontane Rettung von Anwendern und Anwenderinnen bei auftretenden Notfällen.

2.2 Verfahren und Techniken

2.2.1 Seilunterstützte Zugangs- und Positionierungstechniken
sind alle Verfahren, bei denen sich Anwender /-innen an Seilen oder Verbindungsmitteln, als Trag- und Sicherungssysteme, redundant gesichert, vertikal, horizontal oder diagonal fortbewegen und/oder positionieren.

2.2.2 Seilunterstützte Arbeiten mit Vertikalzugang
im Sinne dieser Richtlinie sind Techniken, bei denen sich Anwender /-innen an einem Tragsystem vertikal nach unten
oder oben fortbewegen, um einen Arbeitsplatz zu erreichen, sich an diesem zu positionieren und wieder zu verlassen. Hierbei wird immer ein Redundanzsystem (Sicherungssystem) verwendet.

Eine typische Anwendung sind Arbeiten an einer Fassade oder senkrechten Wand.

2.2.3 Die Benutzung horizontaler Sicherungsseile bzw. Seilgeländer
im Sinne dieser Richtlinie sind Anwendungen, bei denen sich Anwender / -innen auf einer Struktur horizontal fortbewegen und sich dabei an einem zwischen mindestens zwei Anschlagpunkten gespannten und planmäßig unbelasteten Seil sichern. Es handelt sich hierbei um eine Benutzung von persönlicher Schutzausrüstung gegen Absturz nach DGUV Regel 112-198. Folgende Punkte müssen hierbei insbesondere beachtet werden:

  • Ausreichende Tragfähigkeit der Anschlagsysteme
  • Vektorkräfte
  • Vorspannung
  • Distanz der Verankerungen
  • Durchhang unter Last

Eine typische Anwendung ist die horizontale Fortbewegung in Tragwerken und Dachstrukturen.

2.2.4 Traversieren oder Punkt-zu-Punkt-Fortbewegung mit zwei Systemen
im Sinne dieser Richtlinie sind Techniken, bei denen sich Anwender / -innen mit zwei Systemen von einem Anschlagpunkt zu einem anderen fortbewegen. Die beiden Systeme werden abwechselnd be- und entlastet. Dabei muss stets gewährleistet sein, dass der/die Anwender/-in mit zwei Systemen an getrennten Anschlagpunkten verbunden ist. Beim
Umhängen wird die Redundanz durch ein zusätzliches Sicherungssystem gewährleistet. Bedingt durch den ständigen Wechsel beim Umhängen fungieren die eingesetzten Systeme wechselweise als Trag- und Sicherungssystem.

Eine typische Anwendung ist die Fortbewegung unter einer Dachkonstruktion oder unter Brücken.

2.2.5 Fortbewegung unter einer horizontalen Struktur
im Sinne dieser Richtlinie sind Techniken, bei denen sich Anwender/-innen unter einer Struktur hängend horizontal fortbewegen. Die Positionierung erfolgt dabei über zwei Verbindungsmittel, die wechselseitig belastet und an der Struktur entlanggeschoben werden. Eine zusätzliche Sicherung (z.B. ein drittes Verbindungsmittel) gewährleistet die Redundanz, wenn eines der Verbindungsmittel komplett gelöst und umgehängt werden muss. Der Einsatz einer Trittschlinge zum ergonomischen Fortbewegen wird empfohlen.

Eine typische Anwendung ist die horizontale Fortbewegung an Trägern einer Dachkonstruktion.

2.2.6 Fortbewegung an horizontalen Seilstrecken
im Sinne dieser Richtlinie sind Techniken, bei denen sich Anwender / -innen an zwei zwischen jeweils zwei Anschlagpunkten gespannten Seilen fortbewegen. Dabei ist der/die Anwender/-in mit zwei Verbindungsmitteln, die jeweils beide Seile umfassen, verbunden. Er / Sie bewegt sich an den Seilstrecken von Hand oder mittels Klemmen vorwärts. Folgende Punkte müssen hierbei insbesondere beachtet werden:

  • Ausreichende Tragfähigkeit der Anschlagsysteme
  • Vektorkräfte
  • Vorspannung
  • Distanz der Verankerungen (ab einer Distanz > 5m wird eine Zwischenverankerung empfohlen)
  • Durchhang unter Last

Eine typische Anwendung ist die horizontale Fortbewegung an Fassaden oder das Unterfahren von Tragwerksstrukturen, die über keine geeigneten Anschlagpunkte verfügen.

2.2.7 Befahrung einer Schrägseilbahn
im Sinne dieser Richtlinie sind Techniken, bei denen sich Anwender/-innen an zwei diagonal zwischen je zwei Anschlagpunkten gespannten Seilen unabhängig von einer Struktur fortbewegen und einen Höhenunterschied überwinden. Zusätzlich zu den redundanten Seilsystemen muss mindestens ein Kontroll- bzw. Führungsseil installiert werden, an dem sich der/die Anwender/-in aktiv ablässt oder passiv abgelassen wird.Folgende Punkte müssen hierbei insbesondere beachtet werden:

  • Ausreichende Tragfähigkeit der Anschlagsysteme
  • Vektorkräfte
  • Vorspannung
  • Distanz der Verankerungen
  • Durchhang unter Last

Eine typische Anwendung ist die Rettung oder Selbstrettung von hohen Gebäuden oder Konstruktionen zum Boden, bei denen ein direktes Abseilen auf Grund von Hindernissen, (z.B. Vordächer) nicht möglich ist.

2.2.8 Vorstieg
im Sinne dieser Sicherheitsrichtlinie ist ein Zugangsverfahren, für die Anwender/-innen eine zusätzliche Unterweisung und spezielle Ausrüstung benötigen. Dabei steigt eine Person kurze Distanzen vertikal oder horizontal und übersteigt dabei den letzten Anschlagpunkt, bevor sie sich am nächsten Anschlagpunkt festmachen oder eine Zwischensicherung legen kann. Dies kann selbstgesichert z.B. mit energieabsorbierenden Verbindungsmitteln oder fremdgesichert durch eine zweite Person erfolgen.

Dieses Verfahren sollte nur dann eingesetzt werden, wenn andere Techniken nicht möglich sind oder eine höhere Gefährdung mit sich bringen. Vorstiegstechniken sind seit 2021 kein Ausbildungs- und Prüfungsbestandteil im Zertifizierungssystem des FISAT mehr und müssen basierend auf der Gefährdungsbeurteilung durch den Unternehmer separat unterwiesen werden.

Eine typische Anwendung ist das Besteigen eines Gittermastes.

2.3 Verwendete Materialien und Geräte

2.3.1 Sitzgurte
im Sinne dieser Richtlinie sind Gurte nach DIN EN 813.

2.3.2 Haltegurte
im Sinne dieser Richtlinie sind Gurte nach DIN EN 358.

2.3.3 Auffanggurte
im Sinne dieser Richtlinie sind Gurte nach DIN EN 361.

2.3.4 Mitlaufende Auffanggeräte
im Sinne dieser Richtlinie sind Seileinstellvorrichtungen nach DIN EN 12841 Ausführung A. Mitlaufende Auffanggeräte können zusätzlich nach DIN EN 353-2 zertifiziert sein. Sie sind an der sternalen Öse des Auffanggurtes zu befestigen.

2.3.5 Semi- (Halb-) Statikseile
im Sinne dieser Richtlinie sind Kernmantelfaserseile der Form A nach DIN EN 1891.

2.3.6 Dynamikseile
im Sinne dieser Richtlinie sind Kernmantelfaserseile nach DIN EN 892.

2.3.7 Abseilgeräte
im Sinne dieser Richtlinie sind Seileinstellvorrichtungen, die selbstblockierend sind und manuell bedient über Seilreibung bremsen. Abseilgeräte müssen der DIN EN 12841 Ausführung C entsprechen und dürfen nur von geschulten
Anwendern an Seilen gemäß DIN EN 1891 der Form A eingesetzt werden. Abseilgeräte können zusätzlich der DIN EN 341 (Typ 1/2) A entsprechen.

2.3.8 PSA gegen Absturz
im Sinne dieser Richtlinie ist persönliche Schutzausrüstung (PSA) gemäß Verordnung (EU) 2016/425 des Europäischen Parlaments und des Rates, die analog DGUV Regel 112-198 eingesetzt wird.

2.3.9 Ausrüstung zum Retten aus Höhen und Tiefen mit persönlichen Absturzschutzausrüstungen
im Sinne dieser Richtlinie ist Ausrüstung, die analog DGUV Regel 112- 199 eingesetzt wird.

2.3.10 Verbindungsmittel
im Sinne dieser Richtlinie sind Bandschlingen oder Seile nach DIN EN 354, DIN EN 566, DIN EN 795 B oder DIN EN 358, die z.B. den Sitzgurt des Anwenders mit einer Aufstiegshilfe verbinden.

2.3.11 Verbindungselemente
im Sinne dieser Richtlinie sind Karabiner oder Schraubglieder nach DIN EN 362 oder DIN DIN EN 12275, diese müssen eine Mindestbruchlast von 20 kN aufweisen. Als Verbindungselement gelten auch Seilbremsen, Steigklemmen und ähnliche Geräte in Verbindung mit einem Karabiner oder Schraubglied nach DIN EN 362 oder DIN EN 12275. Der FISAT empfiehlt die Verwendung von Verbindungselementen mit einer Bruchlast von mindestens 22 kN entlang der Längsachse.

2.3.12 Sitzbretter
im Sinne dieser Richtlinie sind Ergänzungen, um ein ergonomisches Arbeiten zu ermöglichen. Das Sitzbrett kann auch in den Sitz- / Auffanggurt integriert sein. Bei allen Arbeiten, die einen Aufenthalt von mehr als 10 Minuten im belasteten Gurtzeug nach DIN EN 813 erfordern, ist ein entsprechender Arbeitssitz bzw. ein Sitzbrett zu verwenden. Es kann dabei von einer gesonderten Rückenstütze abgesehen werden, wenn durch eine geeignete Kombination Sitzbrett / Auffanggurt die Funktion der Rückenstütze durch einen breiten starren Hüftgurt des Auffanggurtes übernommen wird.

2.3.13 Lasttragende Struktur
im Sinne dieser Richtlinie ist der Teil des Gebäudes oder der Ingenieurbauten, der bauartbedingt potenziell auftretende Lasten tragen kann.

2.3.14 Anschlagsystem
im Sinne dieser Richtlinie ist die Gesamtheit von lasttragender Struktur und Anschlageinrichtung bzw. bauseits vorhandener Anschlagmöglichkeit sowie ggf. zusätzlicher Anschlagmittel. Das Anschlagsystem dient der Aufnahme der
zu erwartenden Lasten bei der Benutzung von Seilzugangs- und Positionierungstechniken und den zugehörigen Verfahren zur spontanen Rettung handlungsunfähiger Personen. Bei der Benutzung durch eine Person kann die zu erwartende Last mit 10 kN angesetzt werden. Wird ein Anschlagsystem von mehr als einer Person genutzt, ist die in diesem Fall ungünstigste Lastfallkombination zu ermitteln und zu berücksichtigen. Details zu Lastannahmen und Lastfällen bei der Benutzung von Seilzugangs- und Positionierungstechniken können dem Abschnitt 8.2 entnommen werden.

2.3.15 Anschlageinrichtungen
im Sinne dieser Richtlinie sind Einzelkomponenten oder Systeme, welche mit zugelassenen Befestigungsmitteln permanent mit dem Bauwerk verbunden sind oder als abnehmbare Anschlageinrichtung für die Dauer des Einsatzes an einer bauseits vorhandenen Anschlagmöglichkeit befestigt werden. Anschlageinrichtungen entsprechen entweder einer vorhandenen Produktnorm und erhalten ihre Zulassung unter Berücksichtigung der Grenzwerte ihrer Gebrauchstauglichkeit (maximale Gebrauchslast) sowie einer Prüfung, bei der die Mindestbruchlast laut normativer Vorgabe verifiziert wird oder es erfolgt eine Zulassung nach Baurecht. In besonderen Fällen können Anschlageinrichtungen auch Sonderkonstruktionen sein, die durch einen qualifizierten Tragwerksplaner berechnet wurden. Bei der Benutzung ist die Herstellerfreigabe für eine planmäßige Belastung durch das Tragseil zu prüfen. Anschlageinrichtungen für Tragsysteme müssen eine Gebrauchslast (WLL) von mindestens 3 kN pro Anwender aufnehmen können, ohne sich dauerhaft zu verformen.

2.3.16 Bauseits vorhandene Anschlagmöglichkeiten
im Sinne dieser Richtlinie sind Teile von Bauwerken oder Konstruktionen, an denen Anschlageinrichtungen oder Seile direkt befestigt werden können, wenn die Tragsicherheit für die zu erwartenden Lasten nachgewiesen ist. Auf den rechnerischen Nachweis kann verzichtet werden, wenn der / die Aufsichtführende(r) Höhenarbeiter / -in aufgrund der fachlichen Erfahrung die Anschlagmöglichkeit als ausreichend tragfähig beurteilt.

2.3.17 Anschlagpunkte
im Sinne dieser Richtlinie sind Punkte, an denen jeweils ein Tragoder Sicherungsseil befestigt wird. Der Anschlagpunkt bezeichnet innerhalb des Anschlagsystems den Übergang von Bestandteilen, die durch Prüfung ihre Zulassung erhalten und der lasttragenden Struktur, deren Tragfähigkeit rechnerisch ermittelt werden muss. Für jeden Benutzer ist je ein Anschlagpunkt für das Trag- und ein Anschlagpunkt für das Sicherungsseil vorzusehen.

2.3.18 Anschlagmittel
im Sinne dieser Richtlinie sind Verbindungsmittel oder Verbindungselemente, die den Anschlagpunkt mit den Teilen des Trag- und Sicherungssystems verbinden und die z.B. der DIN EN 795 oder DIN EN 566 entsprechen und eine Mindestbruchlast von 22 kN aufweisen.

2.3.19 Seilklemmen
im Sinne dieser Richtlinie sind Seileinstellvorrichtungen nach DIN EN 12841 Ausführung B. Seilklemmen können zusätzlich der DIN EN 567 entsprechen.

2.3.20 Rollen
im Sinne dieser Richtlinie sind Geräte nach DIN EN 12278, diese müssen eine Mindestbruchlast von 15 kN aufweisen (FISAT Empfehlung: 22 kN).

2.3.21 Flaschenzüge
im Sinne dieser Richtlinie sind fertig vorkonfektionierte oder vor Ort aus Rollen, Seil und Verbindungselementen herzustellende Vorrichtungen zum Heben von Lasten oder Personen. Vorkonfektionierte Systeme müssen eine Mindestbruchlast von 5 kN und wie alle verwendeten Einzelkomponenten ein CE-Zeichen aufweisen. Die zu hebende Last sollte 250 kg nicht überschreiten.

2.3.22 Seilschutz
im Sinne dieser Richtlinie sind Matten, Decken oder Seilschoner, die einen Bruch oder eine Beschädigung der Seile zuverlässig verhindern. Dabei ist vordergründig die gefährdende Struktur zu entschärfen. Bei laufenden Seilen sind
Rollenelemente zu verwenden.

2.3.23 Kantenschutz
im Sinne dieser Richtlinie sind alle den baulichen Gegebenheiten angepasste Möglichkeiten, um eine Beschädigung von Gebäudeteilen durch belastete Seile zuverlässig zu verhindern.

2.3.24 Tragsystem (TS)
im Sinne dieser Richtlinie ist die Gesamtheit von Anschlagsystem, Tragseil, Seileinstellvorrichtung und Gurt. An diesem bewegt sich der Anwender von einer höheren zu einer tieferen Position oder von einer tiefer gelegenen Position zu einer höher gelegenen. Die Bewegung kann selbständig (aktiv) oder fremdgesteuert (passiv) erfolgen. Ein Tragsystem kann auch horizontal oder diagonal eingebaut sein.

Tragsysteme sind immer mit der zentralen Öse des Auffanggurtes zu verbinden. Ein Tragsystem darf nur in Verbindung mit einem Sicherungssystem verwendet werden. Eine Ausnahme stellen Techniken oder Manöver dar, bei denen das Sicherungssystem umgehängt werden muss. Unter diesen Voraussetzungen ist die Benutzung von zwei belasteten Tragsystemen zulässig (z. B. beim Traversieren).

2.3.25 Sicherungssystem (SIS)
im Sinne dieser Richtlinie ist die Gesamtheit von Anschlagsystem, Sicherungsseil, Seileinstellvorrichtung (in der Regel ein mitlaufendes Sicherungsgerät) und Auffanggurt. Das Sicherungssystem verhindert beim Versagen des Tragsystems zuverlässig einen Absturz des Anwenders und mindert die Sturzenergie auf einen Wert unter 6 kN. Sicherungssysteme sind bestimmungsgemäß mit einer Auffangöse nach DIN EN 361 zu verbinden.

2.3.26 Der absturzgefährdete Bereich
im Sinne dieser Richtlinie beginnt 3 m vor der Absturzkante. Die Absturzkante ist eine Gebäude- oder Konstruktionskante, an der ein Unfall durch Absturz oder Versinken möglich ist. Dies beinhaltet auch den Übergang von einer tragfähigen zu einer nicht tragfähigen Fläche.

2.3.27 Notfälle
im Sinne dieser Richtlinie entstehen, wenn eine Person am Seil oder in schwer zugänglichen Bereichen handlungsunfähig wird.

3. Allgemeine Anforderungen

3.1 Voraussetzungen für Anwenderinnen und Anwender

3.1.1 Anwender / -innen der folgend beschriebenen Verfahren müssen körperlich und geistig für diese Tätigkeiten geeignet sein und ein Mindestalter von 18 Jahren haben. Für Aufsichtführende gilt ein Mindestalter von 21 Jahren. Körperliche Voraussetzungen gelten als erfüllt, wenn die Tauglichkeit für „Arbeiten mit Absturzgefahr“ durch eine(n) Arbeitsmediziner/-in bestätigt wird. Eine Wiedervorstellung wird für Personen bis zum 49. Lebensjahr spätestens alle 36 Monate, für Personen ab dem 50. Lebensjahr alle 18 Monate empfohlen.

3.1.2 Personen, die unter dem Einfluss von Alkohol, Drogen stehen oder Medikamenten nehmen, welche Fahr- und Steuertätigkeiten einschränken, dürfen diese Tätigkeiten nicht durchführen.

3.1.3 Anwender / -innen müssen einen gültigen, mindestens 9 Unterrichtseinheiten umfassenden, Erste-Hilfe-Kurs (Betrieblicher Ersthelfer) nachweisen. Die Gültigkeit einer solchen Ausbildung ist auf 24 Monate beschränkt. Für Arbeiten unter Zuhilfenahme von Seilen in Deutschland werden ausschließlich Nachweise anerkannt, die von einer durch die DGUV ermächtigten Stelle ausgestellt wurden. Übergeordnete Qualifikationen gemäß DGUV Information 204-022 „Erste Hilfe im Betrieb“ werden akzeptiert, sofern die dort definierten Fortbildungsveranstaltungen regelmäßig besucht oder im Rahmen der Tätigkeit regelmäßig Erste-Hilfe-Maßnahmen durchgeführt werden.

3.1.4 Anwender / -innen und Aufsichtführende müssen eine spezifische Ausbildung absolvieren und im Rahmen einer unabhängigen Prüfung nachweisen, dass sie die Leistungsanforderungen laut Prüfungsordnung für Seilzugangs- und Positionierungstechniken des FISAT erfüllt haben. Es muss eine jährliche Wiederholungsunterweisung mit Prüfung der technischen Fertigkeiten bei der Benutzung von Seilzugangs- und Positionierungstechniken und der möglichen Rettungsszenarien im Sinne der sofortigen Anwenderrettung durch einen vom FISAT berufenen Zertifizierer oder eine
weiterführende spezifische Ausbildung mit unabhängiger Prüfung nachgewiesen werden.

3.1.5 Anwender / -innen müssen mindestens einmal jährlich eine allgemeine Unterweisung zu Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit laut Arbeitsschutzgesetz und Betriebssicherheitsverordnung erhalten.

3.1.6 Anwender/-innen müssen in den erforderlichen Notfall- und Rettungsmaßnahmen geschult sein. Das freiwillige Training von unterschiedlichen Rettungsszenarien wird monatlich empfohlen, es sollte dokumentiert werden. Aufsichtführende Höhenarbeiter / -innen müssen in erweiterten Notfall- und Rettungsmaßnahmen geschult sein.

3.2 Voraussetzungen für Arbeitsorte

3.2.1 Auf jeder Baustelle müssen mindestens zwei ausgebildete und entsprechend ausgerüstete Anwender so arbeiten, dass eine zweifelsfreie Kommunikation und unverzügliche Rettung innerhalb von 15 Minuten gewährleistet ist. Dafür ist es erforderlich, dass mindestens zwei Höhenarbeiter an getrennt angeschlagenen Seilsystemen auf- und/oder abseilen oder durch ein zweites, vorbereitetes und bereits angeschlagenes, unmittelbar einsatzbereites Seilsystem eine sofortige Rettung möglich ist. Entsprechend der spezifischen auf den jeweiligen Einsatz bezogenen Gefährdungsbeurteilung muss die Teamgröße eine schnelle und effektive Rettung aller Teammitglieder in allen exponierten Bereichen gewährleisten.

3.2.2 Jegliche Arbeiten sind durch eine(n) am Arbeitsort anwesende(n) Aufsichtführende(n) Höhenarbeiter/-in, FISAT Level 3 zu planen und zu leiten. Ein(e) Aufsichtführende(r) darf dabei maximal 5 Höhenarbeiter gleichzeitig beaufsichtigen.

3.2.3 Eine Betriebsanweisung ist für die Arbeitsverfahren allgemein und für die jeweilige Baustelle nach einer entsprechenden objektspezifischen Gefährdungsbeurteilung zu erstellen.

3.2.4 Bei möglicher Gefährdung durch Witterungseinflüsse darf das Verfahren nur dann eingesetzt werden, wenn durch geeignete Schutzmaßnahmen die Sicherheit aller Anwender jederzeit gewährleistet wird. Ist dies nicht möglich oder gewährleistet, sind die Arbeiten einzustellen oder nicht zu beginnen. Bei folgenden Wetterparametern ist grundsätzlich mit
einer Gefährdung zu rechnen:

  • Gewitter
  • starker Regen oder Schneefall
  • hohe / niedrige Temperaturen
  • Vereisung / Eisbildung
  • direkte Sonneneinstrahlung
  • starker Wind / Windeinwirkung (z.B. größer als 8 m/s)

Die aktuellen Wetterbedingungen sind am jeweiligen Einsatzort und vor Beginn der Arbeiten zu beurteilen. Bei Bedarf sind geeignete Schutzmaßnahmen wie z.B. Schutzkleidung, Führungsseile, Reduzierung der Einsatzzeiten usw. sind festzulegen. Die Schutzmaßnahmen müssen während der gesamten Dauer der Arbeiten auf ihre Wirksamkeit überprüft werden. Ist diese nicht gewährleistet, so sind die Arbeiten einzustellen. Grundsätzlich sind Arbeiten einzustellen bei:

  • Gefährdung durch Gewitter: Alle exponierten Bereiche sind sofort zu verlassen.
  • bei Windgeschwindigkeiten über max. 12 m/s im 10-Minuten-Mittel

3.2.5 Sämtliche Gefährdungen müssen im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt werden und sind durch geeignete Maßnahmen auszuschließen. Insbesondere ist zu beachten:

  • Die Bereiche der Anschlagpunkte und Seilstrecken sind abzusperren und dürfen nur von autorisierten Personen betreten werden. Bei leicht überwindbaren Absperrungen ist ein Sicherungsposten abzustellen.
  • Bei Arbeiten in beengten Räumen ist mit einer erhöhten Gefährdung zu rechnen. Alle erforderlichen Schutzmaßnahmen sind zu gewährleisten. Die DGUV Regeln 113-004 und 113-005 Behälter, Silos und enge Räume Teil 1 und Teil 2 sollten als ergänzende Schriften herangezogen werden.
  • Bei außergewöhnlichen Arbeits- oder Rahmenbedingungen (z.B. Arbeiten über Wasser oder Offshoretätigkeiten) sind zusätzliche Maßnahmen erforderlich.
  • Bei der Auswahl und Zusammenstellung des Personals ist darauf zu achten, dass eine problemlose Verständigung (einheitliche Sprache) gewährleistet ist.
  • Bei Arbeiten an Wohnhäusern sind die Bewohner rechtzeitig zu informieren, falls dies sinnvoll und erforderlich ist.

3.2.6 Baustellenabsperrungen zum Schutz von Dritten müssen so beschaffen sein, dass ein unbeabsichtigtes Betreten des Fallbereiches ausgeschlossen ist. Die Absperrungen sind nach den entsprechenden Vorschriften auszuführen. Details können der [Tabelle 8.3.]](#FISAT_FSR-SZP_8_3)1 Absperrweiten entnommen werden.

3.3 Voraussetzungen für den Betrieb einer Baustelle

3.3.1 Auf den Baustellen darf nur geeignete und geprüfte Ausrüstung in betriebssicherem Zustand eingesetzt werden.

3.3.2 Erforderliche zusätzliche PSA ist zu tragen. Neben der einwandfreien und nachweislich betriebssicheren Ausrüstung
zur Arbeitsplatzpositionierung und der einwandfreien persönlichen Schutzausrüstung gegen Absturz muss adäquate Schutzkleidung getragen werden. Das Tragen eines geeigneten Helmes (DIN EN 12492 oder DIN EN 397) ist obligatorisch.

3.3.3 An jedem Arbeitsort muss gesondert gepacktes und gekennzeichnetes Rettungsmaterial entsprechend der Gefährdungsbeurteilung vorgehalten werden. Ein objektbezogener Notfall- und Rettungsplan muss vorliegen.

3.3.4 Besteht eine erhöhte Gefährdung in Hinblick auf Notfall- und Rettungsmaßnahmen, z.B. durch die Struktur des Objektes, die Art des Zugangs oder die Anzahl der eingesetzten Personen, muss die Sicherstellung der erforderlichen Maßnahmen durch entsprechend qualifiziertes Personal in ausreichender Anzahl gewährleistet sein.

4. Nachweisführung

4.1 Nachweisführung für Material und Geräte

4.1.1 An allen Seilen und Bestandteilen der Ausrüstung sowie des Arbeitssystems müssen dauerhafte Kennzeichnungen angebracht sein, sofern sie nicht anderweitig eindeutig zuordenbar sind.

4.1.2 Über den gesamten Bestand der Arbeitsausrüstung muss ein Nachweisbuch oder -heft bzw. eine EDV-gestützte Liste geführt werden.

4.1.3 Diese Bestimmungen der einzelnen Kennzeichnung gelten nicht für schwer zuordenbare Geräte wie Karabiner und Reepschnüre oder andere Kleinmaterialien. Für diese Materialien müssen Sammelnachweise geführt werden.

4.2 Persönliche Nachweise

4.2.1 Anwender/-innen haben ein persönliches Nachweisbuch oder -heft zu führen.

4.2.2 Darin muss eine Kopie des Nachweises der Ersthelferausbildung bzw. dessen Auffrischung und Kopien aller weiteren relevanten Qualifikationsnachweise enthalten sein.

4.2.3 Ein fortzuschreibender Teil des Nachweises dient der Dokumentation der im Seil geleisteten Arbeitszeiten. Die Dauer der seilunterstützten Arbeiten gelten inklusive der Vorbereitungs-, Rüst- und Nachbereitungszeiten, nicht jedoch Planungszeiten im Büro.

Als Zulassungsvoraussetzung für weiterführende Prüfungen wird, sofern in der Prüfungsordnung für Seilunterstütze Zugangs- und Positionierungstechniken des FISAT gefordert, ausschließlich das FISAT Logbuch „Persönlicher Nachweis
Seilunterstützter Höhenzugang“ akzeptiert. Die jeweilige Aufsichtführende Person, FISAT Level 3 bestätigt die Richtigkeit der Angaben mit ihrer Ausweisnummer und Unterschrift.

4.3 Baustellenbuch

Das von der Aufsichtführenden Person zu führende Baustellenbuch muss folgende Unterlagen enthalten:

  • Gefährdungsbeurteilung
  • Notfall- und Rettungsplan
  • Zugangs- und Sicherungskonzept
  • Nachweis der Unterweisung zu Sicherheit und Gesundheitsschutz

5. Verfahren

5.1 Allgemeine Bestimmung

5.1.1 Es müssen grundsätzlich zwei unabhängige Systeme (TS und SiS) verwendet werden. TS und SiS müssen mit jeweils eigenen Verbindungsmitteln und Verbindungselementen in das Anschlagsystem integriert werden. Anwender / -innen haben sicherzustellen, dass sie zu jeder Zeit mit dem TS und dem SiS verbunden ist.

5.1.2 Die verwendeten Seile müssen halbstatische Kernmantelseile der Form A nach DIN EN 1891 sein.

5.1.3 Eingesetzte Verbindungselemente müssen eine Verschlusssicherung gegen unbeabsichtigtes Öffnen haben. Diese darf sich nur mit mindestens zwei voneinander unabhängigen Bewegungen öffnen lassen. Es sind Verbindungselemente mit einer erhöhten Widerstandskraft gegen Durchstanzen der Verschlusssicherung zu bevorzugen.

5.1.4 Eingesetzte Gurte müssen der Norm für Auffanggurte DIN EN 361 entsprechen. Zudem müssen sie mindestens eine sternale und eine zentrale Öse aufweisen (Sitzgurt). Komplettgurte sind zu bevorzugen.

5.1.5 Sitzgurte (DIN EN 813) dürfen nur in zulässiger Kombination mit Brustgurten verwendet werden. Im SiS dürfen diese Kombinationen nur eingesetzt werden, wenn die Kombination nach DIN EN 361 vom Hersteller geprüft wurde.

5.1.6 Sobald der absturzgefährdete Bereich betreten wird, muss eine Sicherung gegen Absturz erfolgen (3m vor der Absturzkante). Diese kann aus einem Rückhaltesystem oder einem Auffangsystem bestehen.

5.1.7 Bei Arbeiten von längerer Dauer oder längerer Verweildauer an einer Arbeitsstelle (über 10 min.) ist ein Sitzbrett im System vorzusehen. Auf den Sitz kann verzichtet werden, wenn seine Benutzung eine höhere Gefährdung als das Arbeiten ohne Sitz mit sich bringt.

5.1.8 An Stellen, an denen durch Umlenkung über eine Kante oder Reibung an einer Schräge ein Seil beschädigt werden könnte, muss entsprechender Seilschutz eingesetzt werden.

5.1.9 Alle Seile müssen grundsätzlich über eine Sicherung am Seilende verfügen, um ein Überfahren des Seilendes zu verhindern.

5.1.10 Seilverbindungen sollten grundsätzlich in Form von herstellerseitig vernähten und geprüften Endverbindungen bestehen. Bei Seilen ohne vernähte Enden können Knoten verwendet werden. Knoten müssen dabei folgende Anforderungen erfüllen:

  • Sie dürfen sich nicht unbeabsichtigt lösen oder öffnen.
  • Sie müssen für die vorgesehene Anwendung geeignet sein.

Als Anschlagknoten werden empfohlen:

  • Achterknoten, Neunerknoten, Palstek, doppelter Palstek oder Mastwurf
  • Jeder Knoten ist durch einen Sicherungsknoten (Kapuzinerknoten / doppelter Überhandknoten) zu hintersichern.

5.1.11 Auf einem Tragsystem eingesetzte Geräte oder Materialien müssen selbstblockierend wirken und beim Loslassen durch den Anwender stoppen. Sie sollten zudem eine Paniksicherung aufweisen.

5.1.12 Mitgeführtes Werkzeug und Material ist gegen Herabfallen zu sichern.

5.2 Bestimmungen für die Rettung

5.2.1 Die Rettung erfolgt aktiv oder passiv unter Aufrechterhaltung der Systemredundanz (TS und SiS) sowohl für die rettende, als auch für die hilflose Person.

5.2.2 Bei der Auswahl von Anschlagpunkten im Fall einer Rettung sind zwei separate Anschlagpunkte für die beiden Seile der rettenden Person zu bevorzugen. Wird eine Anschlagmöglichkeit oder eine Anschlageinrichtung von mehreren Personen genutzt, ist die ungünstigste Lastfallkombination (maßgebender Lastfall laut 8.2) zu ermitteln und zu berücksichtigen.

5.2.3 Bei Rettungen sind die für den zu Rettenden sichersten und schonendsten Rettungsmittel und -verfahren zu verwenden. Eigenschutz der rettenden Person und medizinische Aspekte müssen berücksichtigt werden.

5.2.4 Entsprechend dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung und der Anforderungen des erstellten Rettungskonzeptes ist an jedem Einsatzort ausreichendes und angepasstes Rettungsmaterial vorzuhalten. Es muss gesondert gepackt und gekennzeichnet sowie für alle Anwender jederzeit zugänglich sein.

6. Anwendung

6.1 Arbeitsvorbereitung

6.1.1 Management und Planung

  • benannte(r) Aufsichtführende(r) Höhenarbeiter/-in
  • definierte Anwenderzahl und Aufgabenverteilung innerhalb des Teams
  • Betriebsanweisung und Sicherheitsstandards des Unternehmens (bei kleinen Einsatzorten und kleinen Teams kann darin auch die Gefährdungsbeurteilung enthalten sein)
  • Dokumentation der auf der Baustelle verwendeten Ausrüstung, Arbeitsmittel und Arbeitsmaterialien
  • angepasste Versicherung für alle den öffentlichen Verkehr, die Anwender und das Unternehmen betreffenden Risiken
  • Gefährdungsbeurteilung mit den Teilen Gefahrenanalyse, Risikoabschätzung und Schutzmaßnahmen
  • notwendige Genehmigungen für die auszuführenden Arbeiten
  • Anforderungen an alle notwendigen Dokumentationen wie Sicherheitshandbuch, Arbeitszeitnachweise, Unfall- / Zwischenfallberichte usw.
  • notwendige Einrichtungen wie Sanitärräume, Notfall-Duschen, Rettungsmittel usw.

6.1.2 Auswahl der Anschlagpunkte und der Ausrüstung

  • Baustellenbegehung und Auswahl der Anschlagmöglichkeiten und/oder Anschlageinrichtungen sowie Auswahl der notwendigen Anschlagmittel
  • Baustellenbegehung und Auswahl der Ausrüstung, des Zugangs- und des Arbeitsverfahrens
  • gegebenenfalls Prüfbescheinigungen für Anschlageinrichtungen und Prüfbescheinigungen und Lasttabellen für eingesetztes Hebezeug

6.1.3 Arbeitsverfahren

  • Beschreibung der eingesetzten Zugangsverfahren und Techniken nach 2.2
  • Dokumentation der Notfall- und Rettungsplanung und der entsprechenden Verantwortlichkeiten

6.1.4 Personal

  • angepasste Übungen der Anwender/-innen für spezielle Arbeiten müssen vorgesehen sein
  • Nachweise der Anwenderqualifikationen

6.2 Gefährdungsbeurteilung und Risikoabschätzung

6.2.1 Bei der Planung von Arbeiten unter Verwendung von Seilzugangs- und Positionierungstechniken müssen die eingesetzten Arbeitsverfahren dahingehend überprüft werden, wie entstehende Gefährdungen ausgeschlossen oder auf ein akzeptables Maß reduziert werden können. Die Vorgaben der Betriebssicherheitsverordnung und der TRBS 1111 “Gefährdungsbeurteilung und sicherheitstechnische Bewertung“ sind dabei maßgeblich. Folgende Punkte müssen dabei insbesondere beachtet werden:

  • Wie einfach und sicher kann Material, Ausrüstung oder Werkzeug benutzt werden?
  • Kann insbesondere von Werkzeugen eine Gefahr für den Anwender ausgehen?
  • Gehen von gewählten Arbeitsverfahren Gefahren aus?
  • Bestehen Gefahren durch die Umgebung des Arbeitsortes?
  • Kann während der Arbeit Material oder Ausrüstung herunterfallen?
  • Ist es möglich, die Anwender von jedem denkbaren Punkt mit geeigneten Rettungsverfahren zu retten?
  • Kann die Arbeit Dritte gefährden?
  • Bestehen Gefährdungen durch Dritte?

6.2.2 Der Prozess beinhaltet vier Schritte:

Schrittesindtoll
1Ermittlung der Gefahren, GefährdungsfaktorenErmittlung und Dokumentation aller Gefährdungen.
2Beurteilung der ermittelten GefährdungenRisikoabschätzung, ob und in welchem Ausmaß die ermittelten Gefährdungen zu einem Zwischenfall oder Notfall führen können.
3Maßnahmen als Ergebnis der Risikoabschätzung Festlegen und umsetzenMit geeigneten Maßnahmen muss versucht werden, die als riskant beurteilten Gefährdungen abzustellen oder auf ein vertretbares Maß zu reduzieren.
4Wirksamkeitskontrolle / ÜberwachungEs wird geprüft, ob die getroffenen Maßnahmen geeignet und ausreichend wirksam sind und ob sich daraus keine neuen Gefährdungen ergeben. Zusätzlich müssen die Anwender, angeleitet vom Aufsichtführenden, auf der Baustelle kontinuierlich Abläufe und Verfahren überprüfen, um neue Gefährdungen erkennen zu können.

6.2.3 Verfügbarkeit von Dokumentationen
Relevante Dokumentationen sollten auf der Baustelle vorgehalten werden, um den Anwendern ggf. während der Arbeit zur Verfügung zu stehen. Sämtliche Unterlagen müssen so gestaltet sein, dass sie sowohl von den Anwendern auf der Baustelle als auch von allen Behörden- und Kundenvertretern verstanden werden.

6.3 Auswahl und Befähigung des eingesetzten Personals

6.3.1 Die Arbeit muss von befähigten und beauftragten Personen geplant, überwacht und durchgeführt werden.

6.3.2 Für die Arbeiten hat der Unternehmer eine(n) Aufsichtführende(n) zu bestimmen. Diese(r) ist schriftlich zu benennen und in der Betriebsanweisung aufzuführen. Er/Sie hat die Durchführung von Arbeiten zu planen, zu überwachen und für die arbeitssichere Durchführung zu sorgen.

6.3.3 Aufsichtführende(r) kann nur sein, wer die hierfür erforderliche Qualifikation Level 3 erlangt und die entsprechenden Prüfungen erfolgreich absolviert hat.

6.3.4 Aufsichtführende Personen müssen schriftlich beauftragt und weisungsbefugt sein. Dabei muss die Weisungsbefugnis für den gesamten Bereich gelten, der von dem Einsatz seilunterstützter Zugangs- und
Positionierungstechniken betroffen ist.

6.4 Abgesperrte Bereiche

6.4.1 Anwender / -innen und insbesondere Aufsichtführende Personen müssen ein sicheres Arbeitsumfeld schaffen. Als Teil dieses Prozesses muss der / die Aufsichtführende veranlassen, dass Zonen um die Anschlagpunkte und ggf. unter der Arbeitsstelle abgesperrt werden. Zusätzlich sind möglicherweise gesperrte Bereiche an Zwischenverankerungen und entlang des Seilverlaufs notwendig. Lose Teile, z.B. Bauteile, Material oder Arbeitsmittel / Werkzeuge sind grundsätzlich so zu sichern, dass ein Herabfallen verhindert wird. Kann das Herabfallen von Gegenständen nicht gänzlich ausgeschlossen werden, so sind die Gefahrenbereiche festzulegen und abzusperren.

6.4.2 Absturzgefährdete Bereiche sind zu markieren und so zu kennzeichnen und einzurichten, dass sich die Anwender/-innen schon außerhalb dieser Bereiche in adäquate Sicherungssysteme einbinden können.

6.4.3 Die gesperrten Bereiche müssen deutlich markiert sein. Es müssen gegebenenfalls zusätzlich Zäune, Absperrketten
und Warntafeln verwendet werden, um sicher zu stellen, dass Unbefugte diese Bereiche weder versehentlich noch absichtlich betreten können. Gegebenenfalls muss ein Sicherheitsposten vorgesehen werden. Insbesondere im Bereich von Anschlagpunkten und Zwischenverankerungen muss eine Manipulation der Anschlagsysteme und von Ausrüstung durch Dritte ausgeschlossen werden.

7. Prüfungen

7.1 Prüfung des Materials

7.1.1 Vor, während und nach jeder Benutzung ist das eingesetzte Material und die Geräte einer Sicht- und Funktionsprüfung durch den/die Anwender/-in zu unterziehen.

7.1.2 Das gesamte Material und die Geräte ist nach Vorgabe des Herstellers und in Abhängigkeit von ihrer Nutzung, mindestens jedoch jährlich einer Prüfung durch eine sachkundige Person nach DGUV Grundsatz 312-906 zu unterziehen. Die Prüfung ist zu dokumentieren. Allgemeine Festlegungen hierzu enthält die TRBS 1201 „Prüfungen und Kontrollen von Arbeitsmitteln und überwachungsbedürftigen Anlagen“ und die TRBS 1203 „Zur Prüfung befähigte Personen“.

7.1.3 Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass das Material und die Geräte nach einem Schadensfall oder besonderen Vorkommnissen einer außerordentlichen Prüfung durch eine sachkundige Person unterzogen werden.

7.1.4 Material, das nicht in einem einwandfreien Zustand ist, ist sofort auszusondern, einer sachkundigen Person zur Beurteilung vorzulegen und ggf. dauerhaft der Benutzung zu entziehen.

7.2 Ablagekriterien

Die Angaben der Hersteller zur Nutzungsdauer und Ablagereife sind zu beachten.

  • Textile Materialien sind insbesondere auszusondern / abzulegen bei:
    • deutlich sichtbaren Beschädigungen der Fasern
    • sichtbarer Kern (bei Seilen)
    • Kontakt mit unbekannten Chemikalien oder Säuren
    • Kontakt mit Hitze über 60°C
    • Versteifung durch Gebrauch, Verschmutzung oder Überlastung
  • Metallische Materialien sind insbesondere auszusondern / abzulegen bei:
    • sichtbaren Beschädigungen (Kerben, Risse, Riefen, etc.)
    • Materialabrieb von mehr als 10%
    • Verformungen jeder Art
    • Funktionsstörungen bei Verschlüssen und sonstigen mechanisch beweglichen Bauteilen

7.3 Prüfungen der Anwender / -innen und Aufsichtführenden

7.3.1 Jede(r) Anwender / -in von seilunterstützen Zugangs- und Positionierungstechniken muss mindestens eine erfolgreich absolvierte Prüfung Level 1 nachweisen. Diese Prüfung muss der Prüfungsordnung für Seilzugangs- und Positionierungstechniken des FISAT entsprechen.

7.3.2 Vor Ausführung von horizontalen Zugangsverfahren und Positionierungstechniken muss eine erfolgreich absolvierte Prüfung Level 2 nachgewiesen werden. Diese Prüfung muss der Prüfungsordnung für Seilzugangs- und Positionierungstechniken des FISAT entsprechen.

7.3.3 Jede(r) Aufsichtführende Höhenarbeiter/-in muss eine erfolgreich absolvierte Prüfung Level 3 nachweisen. Diese Prüfung muss der Prüfungsordnung für Seilzugangs- und Positionierungstechniken des FISAT entsprechen. Zusätzliche Anforderungen laut DGUV Information 212-001, Anhang 2 sind zu beachten.

7.3.4 Zur Aufrechterhaltung der jeweiligen Qualifikation haben alle Anwender/-innen und Aufsichtführende jährlich eine Wiederholungsunterweisung zu absolvieren. Diese beinhaltet einen theoretischen Teil sowie einen praktischen Nachweis der Fertigkeiten in der Anwendung von Seilzugangs- und Positionierungstechniken sowie den erforderlichen Rettungsmaßnahmen.

8. Anhänge

8.1 Rechtsgrundlagen und normative Verweisungen

Gesetze und Verordnungen

  • ArbSchutzG - Arbeitsschutzgesetz
  • {ArbStättV]ArbStättV ff. - Arbeitsstättenverordnung
  • BetrSichV - Betriebssicherheitsverordnung
  • GSV - Gerätesicherheitsverordnung
  • TRBS 2121 Teil 3 - Technische Regel zur Betriebssicherheit „Gefährdung von Beschäftigten durch Absturz bei der Verwendung von Zugangsund Positionierungsverfahren unter Zuhilfenahme von Seilen“

Richtlinien des europäischen Rates

  • 89/391/EWG - Richtlinie des Rates über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit
  • 89/392/EWG - Richtlinie des Rates zur Angleichung der Gesetze der Mitgliedstaaten bezüglich Maschinen (Maschinenrichtlinie) – letzte Ergänzung: 2006/42/EG
  • 2009/104/EG - Richtlinie des Rates für Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Benutzung von Arbeitsmitteln (2. Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 der Richtlinie 89/391/EWG)

DGUV Vorschriften

  • DGUV Vorschrift 1 - Unfallverhütungsvorschrift / Grundsätze der Prävention
  • DGUV Vorschrift 17 - Veranstaltungs- und Produktionsstätten für szenische Darstellung
  • DGUV Vorschrift 18 - Veranstaltungs- und Produktionsstätten für szenische Darstellung
  • DGUV Vorschrift 38 - Bauarbeiten
  • DGUV Vorschrift 39 - Bauarbeiten
  • DGUV Vorschrift 54 - Winden, Hub- und Zuggeräte
  • DGUV Vorschrift 55 - Winden, Hub- und Zuggeräte

DGUV Regeln, Informationen und Grundsätze

  • DGUV Regel 100-001 - Grundsätze der Prävention
  • DGUV Regel 101-005 - Hochziehbare Personenaufnahmemittel
  • DGUV Regel 109-006 - Gebrauch von Anschlag-Faserseilen
  • DGUV Regel 112-198 - Benutzung von persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz
  • DGUV Regel 112-199 - Retten aus Höhen und Tiefen mit persönlichen Absturzschutzausrüstungen
  • DGUV Information 201-055 - Turm- und Schornsteinbauarbeiten
  • DGUV Information 212-001 - Arbeiten unter Verwendung von seilunterstützten Zugangs- und Positionierungsverfahren
  • DGUV Information 204-006 - Anleitung zur Ersten Hilfe
  • DGUV Information 204-011 - Erste Hilfe – Notfallsituation: Hängetrauma
  • DGUV Information 204-022 - Erste Hilfe im Betrieb
  • DGUV Information 209-075 - Arbeitsmaschinen zum Heben von Personen
  • DGUV Information 209-021 - Belastungstabellen für Anschlagmittel
  • DGUV Information 211-010 - Sicherheit durch Betriebsanweisungen
  • DGUV Information 211-032 - Beurteilung von Gefährdungen und Belastungen am Arbeitsplatz
  • DGUV Information 250-449 - Handlungsanleitung arbeitsmedizinische Vorsorge „Arbeiten mit Absturzgefahr“
  • DGUV Grundsatz 312-001 - Anforderungen an Ausbildende und Ausbildungsstätten zur Durchführung von Unterweisungen mit praktischen Übungen bei Benutzung von persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz und Rettungsausrüstungen
  • DGUV Grundsatz 312-003 - Anforderungen an Prüfungen von Höhenarbeitern und Höhenarbeiterinnen
  • DGUV Grundsatz 312-906 - Grundsätze für Auswahl, Ausbildung und Befähigungsnachweis von Sachkundigen für persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz

Europäische Normen

  • DIN EN 353-1 - PSA gegen Absturz; Steigschutzausrüstung mit fester Führung
  • DIN EN 353-2 - PSA gegen Absturz; Mitlaufende Auffanggeräte an beweglicher Führung
  • DIN EN 341 - PSA gegen Absturz; Abseilgeräte
  • DIN EN 354 - PSA gegen Absturz; Verbindungsmittel
  • DIN EN 355 - PSA gegen Absturz; Falldämpfer
  • DIN EN 358 - PSA für Haltefunktionen und zur Verhinderung von Abstürzen; Haltesysteme
  • DIN EN 359 PSA für Arbeitsplatz-Rückhaltesysteme Hinweis der S24 - Redaktion: Norm existiert nicht
  • DIN EN 360 - PSA gegen Absturz; Höhensicherungsgeräte
  • DIN EN 361 - PSA gegen Absturz; Auffanggurte
  • DIN EN 362 - PSA gegen Absturz; Verbindungselemente
  • DIN EN 363 - PSA gegen Absturz; Auffangsysteme Hinweis der S24 - Redaktion: Normname falsch
  • DIN EN 364 - PSA gegen Absturz; Prüfverfahren
  • DIN EN 365 - PSA gegen Absturz; Allg. Anforderungen an Gebrauchsanleitungen
  • DIN EN 397 - Helme
  • DIN EN 566 - Rundschlingen, Bandschlingen
  • DIN EN 567 - Steigklemmen
  • DIN EN 795 - Schutz gegen Absturz; Anschlageinrichtungen, Anforderungen und Prüfverfahren
  • DIN EN 813 - PSA gegen Absturz; Sitzgurte und Zubehör
  • DIN EN 892 - Dynamische Bergseile Hinweis der S24 - Redaktion: Normname falsch
  • DIN EN 892-1 Bergsteigerausrüstung – Bergseile – Teil 1: Sicherheitstechnische Anforderungen, Prüfung, Kennzeichnung
  • DIN EN 919 - Seile – Bestimmung physikalischer und mechanischer Eigenschaften Hinweis der S24 - Redaktion: Norm existiert nicht
  • DIN EN 959 - Bergsteigerausrüstung; Bohrhaken
  • DIN EN 1496 - Rettungshubgeräte
  • DIN EN 1497 - Rettungsausrüstung – Rettungsgurte
  • DIN EN 1808 - Hängende Personenaufnahmemittel mit Stahlseil
  • DIN EN 1891 - PSA zur Verhinderung von Abstürzen – Kernmantelseile mit geringer Dehnung
  • DIN EN 12275 - Bergsteigerausrüstung - Karabinerhaken Hinweis der S24 - Redaktion: Normname falsch
  • DIN EN 12277 - Brustgurte Hinweis der S24 - Redaktion: Normname falsch
  • DIN EN 12278 - Bergsteigerausrüstung - Seilrollen
  • DIN EN 12841 - Seileinstellvorrichtungen

Nationale Normen

DIN 7478-B - Sicherheitsgeschirre; Sicherheitsgurte für den Bergbau
DIN 7947 - Sicherheitsgeschirre; Anseilgurte
DIN 15003 - Hebezeuge; Lastaufnahmeeinrichtungen, Lasten und Kräfte, Begriffe
DIN 32915 - Reepschnüre
DIN 4426 - Sicherheitstechnische Anforderungen an Arbeitsplätze und Verkehrswege – Planung und Ausführung

8.2 Lastannahmen und Lastfälle

Als Grundlage für die angenommenen Lasten dienen:

  • DIN 4426 - Einrichtungen zur Instandhaltung baulicher Anlagen – Sicherheitstechnische Anforderungen an Arbeitsplätze und Verkehrswege – Planung und Ausführung
  • DIN EN 795 - Persönliche Absturzschutzausrüstung – Anschlageinrichtungen
  • DIN CEN/TS 16415 - Persönliche Absturzschutzausrüstung – Anschlageinrichtungen – Empfehlungen für Anschlageinrichtungen, die von mehreren Personen gleichzeitig benutzt werden
  • DIN EN 12841 - Persönliche Absturzschutzausrüstung – Systeme für seilunterstützten Zugang - Seileinstellvorrichtungen
  • DGUV Information 212-001 - Arbeiten unter Verwendung von seilunterstützten Zugangs- und Positionierungsverfahren

8.2.1 Lastannahmen bei der Benutzung von Seilzugangs- und Positionierungstechniken
Charakteristische Last (NF,k): repräsentativer Wert, der die Einwirkung auf das Tragwerk beschreibt. Dimensionierte Last (NF,d): rechnerisch ermittelter Bemessungswert. Produkt aus charakteristischer Last und Teilsicherheitsbeiwert. Der Teilsicherheitsbeiwert aus veränderlichen Einwirkungen wird mit 1,5 veranschlagt. Als Berechnungsgrundlagen werden folgende Lasten angenommen:

SystemCharakteristische Last (NF,k)Dimensionierte Last (NF,d)
Tragsystem: Höhenarbeiter/-in in Bewegung3 kN4,5 kN
Sicherungssystem: beim Auffangen des Sturzes6 kN9 kN
Bewegungsloses Hängen im Gurt, gilt für das jeweils belastete System, SiS oder TS1 kN1,5 kN

8.2.2 Lastfallkombinationen und maßgebende Lastfälle für den Tragsicherheitsnachweis der lasttragenden Struktur
Erläuterungen zur tabellarischen Übersicht auf Seite 25:

  • Bei der Planung ist ein möglicher Rettungsfall, in dem sich ein(e) zweite(r) Höhenarbeiter / -in zur unmittelbaren Hilfeleistung zu der handlungsunfähigen Person abseilt immer zu berücksichtigen. Aus diesem Grund muss ein potenzieller Retter bereits bei Lastfall 1 einkalkuliert werden.
  • Der Sturz des Retters mit Rettungslast entspricht dem Sturz eines Einzelanwenders, da die charakteristische Last durch die normative Anforderung an mitlaufende Sicherungsgeräte 6 kN nicht übersteigen darf. Aus diesem Grund wird dieser Fall nicht extra berücksichtigt.
  • Dass zwei oder mehrere Benutzer/-innen parallel in ihr Sicherungssystem stürzen und die daraus resultierenden Fangstoßkräfte exakt zur gleichen Zeit in die lasttragende Struktur eingeleitet werden, kann ausgeschlossen werden.
  • Der maßgebende Lastfall ist in der letzten Spalte „Gesamt“ grau hinterlegt.

8.2.3 Horizontale Seilstrecken
Bei der Befahrung von horizontalen Seilstrecken (vgl. 2.2.6) wird die Last auf zwei separat angeschlagene halbstatische Seile nach DIN EN 1891 Form A verteilt. Diese Aufteilung sowie Durchhang und Dehnung der Seile reduzieren die Vektorkräfte und damit die Belastung der Anschlagsysteme. Aus diesem Grund können die unter 8.2.1 aufgeführten Lastannahmen für jeden der vier notwendigen Anschlagpunkte von horizontalen Seilstrecken herangezogen werden.

Werden dehnungsarme Kunstfaserseile oder Stahlseile als horizontale Seilstrecken benutzt, müssen Vorspannung, Durchhang und Vektorkräfte gesondert berücksichtigt werden. Die auf die Anschlagpunkte wirkenden Lasten erhöhen sich in Abhängigkeit dieser Variablen.

8.2.4 Horizontale Sicherungsseile
Bei der Benutzung eines horizontalen Sicherungsseils wirkt die Last nur auf ein Seil und zwei Anschlagpunkte. Die unter 8.2.1 aufgeführten Lastannahmen können nicht herangezogen werden. Vorspannung, Dehnung, Durchhang und Vektorkräfte müssen berücksichtigt werden.

8.3 Tabellen

8.3.1 Absperrweiten
Radius des Absperrbereiches um den jeweiligen Arbeitsplatz:

Jeweilige maximale Arbeitshöhe h (Meter)Erforderlicher Radius abhängig von der ArbeitshöheMindestradius Absperrung in Meter
Arbeitshöhe bis 60 mH/58,00
Arbeitshöhe 60 bis 100 mH/512,50
Arbeitshöhe 100 bis 150 mH/620,00
Arbeitshöhe 150 bis 200 mH/725,00
Arbeitshöhe über 200 mH/830,00

Quelle: DGUV Information 201-055
Diese Mindestradien sind Empfehlungen und sollten objektbezogen überprüft werden.

8.3.2 Windlasten nach Beaufort

Windstärke in BeaufortBezeichnungm/skm/hBeschreibungStaudruck in kg/m²
0Stille> 0,3> 1Windstille, Rauch steigt senkrecht empor0
1leiser Zug0,3-1,51-5kaum spürbar auf der Haut, Rauch treibt in Richtung des Windes, Windflügel stehen noch still0-0,1
2leichte Brise1,6-3,36-11bewegt Laub, gute Windfahnen zeigen die Richtung an, Luftzug deutlich im Gesicht spürbar0,2-0,6
3schwache Brise3,4-5,412-19Blätter und dünne Zweige bewegen sich, Wind streckt einen Wimpel0,7-1,8
4mäßige Brise5,5- 7,920-28hebt Staub und loses Papier, bewegt Zweige und kleinere Äste1,9-3,9
5frischer Wind8-10,729-38kleine Laubbäume beginnen zu schwanken, Schaumkämme auf Binnenseen, Wind im Gesicht wird unangenehm4,0-7,2
6starker Wind10,8-13,839-49starke Äste in Bewegung, Wind pfeift in Telegraphenleitungen, aufgespannte Regenschirme bereiten Probleme7,3-11,9
7steifer Wind13,9-17,150-61ganze Bäume in Bewegung, beim Gehen Behinderung12,0-18,3
8stürmische Wind17,2-20,762-74bricht Zweige von Bäumen, erhebliche Behinderung beim Gehen18,4-26,8
9Sturm20,8-24,475-88kleine Schäden an Häusern, Rauchkappen und Dachziegel werden herabgeweht26,9-37,3
10schwerer Sturm24,5-28,489-102Bäume werden entwurzelt, bedeutende Schäden an Gebäuden37,4-50,5
11orkanartigerSturm28,5-32,6103-117sehr selten im Binnenland, schwere Sturmschäden50,6-60,6
12Orkan32,7 <118 <schwerste Verwüstung, auf See, an der Küste und auf Bergstationen, sehr selten im Binnenland66,7 <

8.3.3 Risikobewertung Windgeschwindigkeit
Erläuterungen zur tabellarischen Übersicht auf Seite 28:

  • Gefährdungen können unter Umständen bereits bei geringeren Windstärken auftreten.
  • Windgeschwindigkeiten und Windrichtung sind auf der Arbeitshöhe zu betrachten.
  • Das Auftreten von Böen ist zu berücksichtigen.
  • Faktoren wie Objekt- und Arbeitshöhe, Windrichtung, Art der Arbeiten und Seillängen sind zu berücksichtigen.
  • Der Staudruck ist bezogen auf eine vertikale Fläche.